Darum geht es in meinem Blog

 

Seit dem 6. Oktober studiere ich "Journalismus" an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Ich weiß nicht, ob ich es auch schon davor im Unterbewusstsein registriert hatte, aber nun fiel es mir plötzlich immer mehr auf: die vielen Füllwörter, die fast alle Leute benutzen. Als Student sitzt man die meiste Zeit in einem Saal oder einem Raum und hört Dozenten oder Kommilitonen zu. Ich empfand es zunehmend faszinierend, wie jede Person ihre individuellen Füllwörter oder Redewendungen hat, die sie immer wieder verwendet. Jeder redet anders, jeder verwendet andere Füllwörter, und doch gibt es einige, die von sehr vielen Leuten verwendet werden. In diesem Blog will ich auf die häufigsten Füllwörter zu sprechen kommen, die mir während meines Studiums immer wieder begegnen.




Warum werden Füllwörter verwendet?

 

Meine Beobachtungen haben ergeben, dass Füllwörter vor allem verwendet werden, um drei Zwecke zu erfüllen:

 

1. Sie nehmen die Rolle eines "ehms" ein, sind also Wörter, die wir unbewusst verwenden, um ein paar mehr Sekunden Zeit zu haben, unsere Gedanken zu sortieren. "Die Tasse erfüllt...quasi...die Aufgabe, Flüssigkeiten...sozusagen....aufzunehmen" ist ein Satz, in dem Füllwörter die Rolle des "Ehms" eins zu eins ersetzen.

 

2. Sie relativieren/entschuldigen bzw. rechtfertigen die Aussagen, die wir treffen. Oft sind wir uns nicht ganz sicher, was wir sagen. Ein "halt" oder "eben" rechtfertigt diese Aussagen. Es ist halt so! So ist es eben! Ein "im Grunde" oder "sozusagen" entschuldigt die vielleicht etwas falschen Formulierungen. Denn wenn es doch nicht stimmt: wir haben ja nie gesagt, dass es wirklich genauso stimmt! Wir haben es nur sozusagen gesagt, es ist ja nur im Grunde so.

 

3. Sie sollen Sätze intelligent wirken lassen. Gerade Füllwörter wie "als solches" oder "in dem Sinne" werden mit dieser Absicht verwendet.

 

 

 

Die häufigsten Füllwörter


14. Als solches

Zugegebenermaßen: "Als solches" ist das mit Abstand am seltenste Gebrauchte von den Füllwörtern, die ich euch vorstelle. Ich finde es aber ein dermaßen faszinierendes Füllwort, dass es hier unbedingt vorkommen muss. Was mich so fasziniert? Na ja, was bedeutet "als solches"? Es klingt sehr intelligent, das muss man schon sagen, aber ich habe noch nicht ansatzweise verstanden, was es bedeuten soll. "Ich sehe die Wirtschaft als solches in einer schwierigen Lage", "die Aufgabe ist als solches nicht einfach zu lösen", so etwas hört man schon ab und zu. Und da frage ich mich: Was für eine Aufgabe hatte jetzt das "als solches" in dem Satz?

 

13. Wenn man so will

"Wenn man so will" ist auch ein blödes Wort. Es richtet sich an den Zuschauer und soll heißen: Wenn ihr es mir erlaubt, dann sage ich es jetzt so. Hört man im Gegenteil zu den meisten Füllwörtern am Ende des Satzes.

 

12. Keine Ahnung

Ooooh, keine Ahnung sollte man wirklich vermeiden. Es macht nicht den kompetentesten Eindruck wenn man in einem Vortrag sagt: "Ja und das Wasser wird dann, keine Ahnung, so in die Maschine reingepumpt". Bei einem Bewerbungsgespräch wäre es auch nicht so gut. "Warum haben Sie sich denn bei uns beworben?". "Ja, keine Ahnung, mir gefällt so der Gesamteindruck der Firma".

 

11. Eigentlich

"Eigentlich" ist eigentlich ein Wort, das einen Sinn hat. "Eigentlich würde ich gerne zu der Party heute Abend, aber ich muss lernen". Es verdeutlicht, dass man zwei Aussagen gegenüber stellt und die eine zwar relevant, das andere aber wichtiger ist. Trotzdem: "eigentlich" kann auch inflationär verwendet werden, auch in Vorträgen. "Eigentlich ist es ganz einfach: man muss sich eigentlich nur im klaren sein, dass die Fakten eigentlich indirekt kopiert wurden, und deshalb eigentlich keine Aussagekraft haben".

 

10. In dem Sinne

"In dem Sinne" ist mit "wenn man so will" verwandt. Wird ebenfalls gerne am Ende eines Satzes gestellt, um alles nochmal intelligenter klingen zu lassen. 

 

9. Ja

"Ja" ist sehr ähnlich wie "ähmm". "Ja" wird dafür verwendet, um Satzteile zu überbrücken, zwischen denen man kurz stocken muss: "Die generelle Entwicklung in der Flugzeugtechnik stimmt einen....ja....nicht so positiv über die Zukunft der Lufthansa". Kann aber verwendet werden, wenn nach einer Bestätigung gesucht wird. "Ihr wisst ja alle: es ist nicht immer einfach, sich zu konzentrieren, ja?".

 

8. Genau

"Genau" ist der absolute Klassiker, um einen Vortrag zu beenden: "Und deshalb steckt der Journalismus letztendlich in keiner großen Krise.........genau." Es ist das Signal: es ist vorbei, ihr könnt klatschen! Wird ebenfalls oft verwendet, wenn man sich verzettelt hat, und kurz nochmal bestätigen will, dass der Satz zuvor richtig war. 

 

7. Im Prinzip 

Gehört wieder zu den Füllwörtern, die dafür da sind, Aussagen zu relativieren: "Im Prinzip sind Brücken dafür da, um Flüsse zu überqueren". Wenn dann plötzlich einer sagt: "FALSCH! Brücken werden auch dafür verwendet, Bäche zu überqueren! Dann sagt man: "Ja, stimmt, ich habe ja auch nur "im Prinzip" gesagt!"

 

6. Quasi

Bei "Quasi" habe ich den Eindruck: entweder man verwendet es gar nicht, oder die ganze Zeit. Das sind dann die Dauer-Quasi-Sager: "Das ist quasi schwierig zu erklären, weil quasi alle Affen gerne Bananen essen, achso, und ich habe da quasi auch noch ein Beispiel, wenn man quasi noch keinen schwarzen Schwan gesehen hat, dann weiß man quasi nicht automatisch, dass es nur Weiße gibt". 

 

5. Im Grunde

Der große Bruder von "im Prinzip". Bedeutet genau das Gleiche. Kommt darauf an, was einem lieber ist. Es gibt wenige, die sowohl "im Prinzip" als auch "im Grunde" sagen. Momentan habe ich das Gefühl, dass der Trend in Richtung "im Grunde" geht.

 

4. Einfach

"Einfach" gehört zu den Füllwörtern die verwendet werden, um eine Aussage zu rechtfertigen. "Es ist einfach so, dass die kognitiven Fähigkeiten eines Neandertalers weniger ausgereift sind". Wenn man ein "einfach" vor einen Satz stellt, denken sich die Zuschauer oft: "Oh, das scheint ja etwas sehr einfaches zu sein, dann wäre es auch blöd, nachzufragen". Das "einfach" ist ein Codewort für: "fragt bloß nicht nach, der Sachverhalt ist doch so einfach!" Deshalb ist "einfach" sehr beliebt: man kann dadurch leicht unangenehme Fragen abschütteln.

 

3. Eben

Erfüllt genau die selbe Aufgabe wie "einfach". "Durch die Abholzung sind nicht nur die Würmer, sondern eben auch die Pinguine gefährdet. So ist es eben!

 

2. Halt

Siehe einfach und eben. "Halt" ist das wohl aller Beliebteste der drei.

 

1. Sozusagen

 

Und die Nummer eins ist.....tadada....sozusagen!

 

„Und deshalb ist es von der Gesamtkonstellation her...umm...sozusagen schwer zu vereinbaren, da wenn man es sozusagen vereinzelt betrachtet, es sozusagen ein besseres Bild abgibt.“

 

Sozusagen ist das beliebteste Füllwort im heutigen Deutschland. Braucht man noch einen Moment, um einen Gedanken in Worte zu fassen? Ist man sich über den Wahrheitsgehalt seiner Aussage nicht 100 Prozent sicher? Kein Problem, das sozusagen schreitet zur Hilfe.

 

Woher kommt die riesige Verbreitung von "sozusagen"?


Am meisten scheint dafür zu sprechen, dass Angela Merkel das Wort salonfähig machte. Während ihrem Fernsehduell gegen Peer Steinbrück zählte Zeit-Journalist Harald Martenstein sieben Mal "sozusagen", bei Steinbrück kein einziges Mal.

 

Martenstein schreibt: "Merkel äußerte, zur Lage in Griechenland, sozusagen Bedauern, forderte den amerikanischen Geheimdienst auf, Informationen sozusagen herauszurücken, und erwähnte, dass Deutschland bei etwas sehr Schönem, das ich leider schon wieder vergessen habe, sozusagen die höchste Steigerungsrate besitzt."

 

Und weiter:

 

"Von Helmut Kohl bleiben "Bimbes", "absurd" und "geradezu abwegig", von Gerhard Schröder bleibt "Gedöns". Von Angela Merkel wird "sozusagen" bleiben".

 


Beispiele

 

Um nun zu zeigen, wie sich ein Vortrag mit vielen Füllwörtern anhört, hier ein Beispiel. Der Ronny hat die Aufgabe bekommen, einen Vortrag zum Thema "Ameisen" zu halten. Dabei hat er so seine Schwierigkeiten mit der Artikulation und den lieben Füllwörtern. Er stolpert durch die deutsche Wörterlandschaft wie ein Ameisenbär.





Und als komplettes Gegenteil: Der Horst, der für seine eloquente Ausdrucksweise deutschlandweit bekannt ist. Bei ihm sind die Formulierungen scharf wie eine angespitzte Kreide.   


 

 

Credits:


Vielen Dank Jay für die riesengroße Hilfe!

Vielen Dank Thomas für die schauspielerische Meisterleistung!